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Das verlassene Krankenhaus bei Tschernobyl

Nic

Heft, 28 Seiten, 2020 - ab 23 Nov. erhältlich

Die Stadt Prypjat liegt nur 3 Kilometer von Tschernobyl entfernt. Im hiesigen Krankenhaus wurden unmittelbar nach der Explosion des Atomreaktors die ersten stark verstrahlten Opfer behandelt. Viele von Ihnen sind an der massiven Strahlenbelastung gestorben.

Am 27. April 1986, einen Tag nach der Nuklearkatastrophe, wurde die Prypjat evakuiert. Seither ist die Stadt, wie auch das hier gezeigte Krankenhaus verwaist. 30 Jahre Leerstand hinterlassen Ihre Spuren. Nic führt uns auf einem Rundgang durch verlassene Gänge vorbei an verfallenen OP-Sälen und Behandlungszimmern.

Für alle Fans von Lost Places.

Ab 4 Heften versenden wir versandkostenfrei.

Teufel mit Seeblick – Kunst im Blockstellwerk Elsteraue

Teufel mit Seeblick – Kunst im Blockstellwerk Elsteraue

Dr. Konrad Lindner

Teufel im Busch
Teufel im Busch

Mit verschmitztem Blick schaute der Gehörnte aus dem Busch hervor. Mir gefiel sein

Blick und die Gedanken wanderten zur Schülerszene und zum Mephisto der Faust-

Dichtung des berühmten Leipziger Studenten Johann Wolfgang von Goethe. Die von

Geäst umrahmte Skulptur aus Holz steht mit vielen anderen plastischen Werken für

die Verwandlung des Bahnwärterhäuschens und des umliegenden Gartens in der

Elsteraue zu Leipzig in einen Ort der Kunst und der Begegnung: Die Wirkungsstätte

des Leipziger Bildhauers Christoph Hundhammer.

Blumen im Garten
Blumen im Garten

Der Juni 2018 brachte einen Höhepunkt mit sich. Am grünen Ort lockten Skulptur, Plastik

und Zeichnung von Annekatrin Brandl und von Hundhammer in die Ausstellung „Garten der Lust“.

Der Bildhauer, der auch Zeichnungen wie zum Beispiel ein Liebespaar in heftiger

Umarmung ausstellte, ließ seine plastischen Arbeiten mit den Farben und Linien in

den Werken einer Leipziger Malerin in Dialog treten. Mit dabei die Teufelspersonen

in Holz und Gips des Bildhauers Hundhammer. Sie erzählen, wie ich fand, etwas

Wichtiges über uns Menschen. Wer den Teufel in sich nicht hin und wieder zulässt,

hat nicht angefangen zu leben. Denn das Mephistophelische in unserem Tun und

Lassen hat mit dem Zweifel zu tun, mit der Lust am Fragen und Infragestellen und

mit einem kritischen Geist, der nüchtern verneint, was zu hoch auf dem Sockel steht.

Bahnwärterhäuschen
Bahnwärterhäuschen

Die Menschenköpfe, die Hundhammer im Garten versammelt hat, beeindruckten. Sie

reduzierten sich nicht auf gleichförmige Gesichter oder gar Nummern, sondern

offenbarten bizarre Charaktere. Der Bildhauer schafft Menschenwesen, die etwas

erlebt haben. Hier die kräftige Nase. Dort der gestreckte Hals. Da das Aus-Stücken-

Zusammengefügtsein einiger Köpfe. Arbeiten aus Holz, Stein und Gips forderten

zum Hinsehen auf, aber auch zum Berühren. Sie entlockten den Besuchern nicht nur

ein Erstaunen, sondern auch ein Lächeln. Der fremde Finger durfte einer Schönen in

Stein sogar ungeniert auf dem glatten Bauch entlangfahren.

Obwohl im Unterschied zu Hundhammer als Malerin der Fläche verpflichtet, spielen auch

die Zeichnungen von Annekatrin Brandl letztlich im dreidimensionalen Raum des

menschlichen Erlebens. In bizarren Bäumen und kräftigen Büschen in Schwarz-Weiß

waren, wie mir schien, auf den Strichen und Linien menschliche Leidenschaften mit im

Spiel. Zu spüren war bei genauerem Hinschauen, dass nicht nur Liebe und Anziehung,

sondern auch Haß und Abstoßung zum Leben und zur Kunst in bewegten Zeiten gehören.

Meeresblicke
Meeresblicke

Nach dem Dialog mit dem Teufelchen aus Holz draußen im Garten stand ich im

Bahnwärterhäuschen plötzlich vor einem Seeblick. Ferne tat sich auf.

Reiseerinnerungen wurden geweckt. Ein frischer Hauch von Freiheit umströmte

mich, als ich in die Weite schaute, in der sich das leicht rauschende Meer und der

blaue Himmel trafen. Durch nichts wurde das Gefühl des Aufgehobenseins im Raum

von Strand, Meer und Himmel gestört. Dankbar entdeckte ich einen feierlichen

Lichtschimmer durchsichtigen Wassers, das den Strand rhythmisch streichelte. In

Gedanken versinkend begann ich ihn zu fragen, den Philosophen Friedrich Nietzsche,

der wie Goethe in Leipzig studiert hatte und der in seinem Text „Die Geburt der

Tragödie aus dem Geiste der Musik“ (1872) den musischen Urgrund der Kunst zur

Sprache brachte: Verwandelt sich ein Bild wie das meisterhafte Meeresbild von

Annekatrin Brandl beim Hinschauen nicht aus einer Farbfläche in einen dionysischen

Emotionsraum? Ich glaubte jedenfalls, dass mich der „Zauber des Dionysischen“ zu

berühren begann, als ich beim Blick über die Wasserfläche die sonstige Welt um mich

herum vergaß und mich in einem Moment unbegrenzter Freiheit angekommen erlebte.

Eben so, wie man fühlt, wenn man nach langer Reise die hohen Dünen überwindet

und sich den Augen die Weite des Meeres und des Strandes eröffnet.

Freilandgalerie
Freilandgalerie

Nietzsche schreibt über das Dionysische: „Singend und tanzend äußert sich der

Mensch als Mitglied einer höheren Gemeinsamkeit: er hat das Gehen und das

Sprechen verlernt und ist auf dem Wege, tanzend in die Lüfte emporzufliegen.“ Beim

Blick über die tiefen Farboberflächen hinweg bis zum Himmelsblau hatte ich dieses

Gefühl des Emporfliegens, obwohl ich mit beiden Füßen an Land und auf dem Boden

stand.

Gedankt sei den Arbeiten der Malerin Annekatrin Brandl und des Bildhauers

Christoph Hundhammer, die im Juni 2018 in der Freilandgalerie Blockstellwerk

Elsteraue in Leipzig ein Wochenende lang zu entdecken waren. Sie waren eine

Ermunterung zu einem freudigen und aufmerksamen Sehen, das in der Bürgerstadt

Leipzig eine große Tradition besitzt.


26. Juni 2018

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